Blutgefäße durchziehen den gesamten Körper und transportieren Nährstoffe und Sauerstoff durch das zirkulierende Blut. Während der Gefäßbildung bilden Zellen zunächst lokale Lumen, die dann zu einem durchgehenden röhrenförmigen Netzwerk verschmelzen. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Zellen müssen gut abgedichtet und stabil sein, um die Gefäßintegrität zu gewährleisten und Leckagen (Undichtigkeiten) zu verhindern.Die Bildung von Blutgefäßen ist ein komplexer Prozess, der das Zusammenspiel von Proteinen und mechanischen Kräften beinhaltet.
Forscher der Oregon Health & Science University haben herausgefunden, wie spezialisierte Zellen, die kleine Blutgefäße umgeben und als perivaskuläre Zellen bekannt sind, zu Funktionsstörungen der Blutgefäße bei chronischen Krankheiten wie Krebs, Diabetes und Fibrose (Gewebeveränderung durch krankhafte Bindegewebsvermehrung) beitragen. Die in Science Advances veröffentlichten Ergebnisse könnten die Behandlung dieser Krankheiten verändern.
Wie perivaskuläre Zellen Entzündungen auslösen und Veränderungen der Blutgefäße signalisieren
Die Studie unter der Leitung von Luiz Bertassoni, D.D.S., Ph.D., Gründungsdirektor des Knight Cancer Precision Biofabrication Hub und Professor am OHSU Knight Cancer Institute und der OHSU School of Dentistry, zeigt, dass perivaskuläre Zellen Veränderungen in benachbarten Geweben wahrnehmen und Signale senden, die die Funktion der Blutgefäße stören und das Fortschreiten der Krankheit verschlimmern. Vor fast einem Jahrzehnt entwickelten Bertassoni und sein Team eine Methode, um Blutgefäße im Labor in 3D zu drucken – ein Durchbruch, der vom Magazin „Discover“ als eine der wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen des Jahres anerkannt wurde.
Seitdem konzentrieren sie sich auf die Entwicklung von Blutgefäßen, die denen im menschlichen Körper besser nachempfunden sind, um komplexere Krankheiten zu untersuchen.„In der Vergangenheit galten Endothelzellen, die Blutgefäße auskleiden, als Hauptverursacher von Gefäßerkrankungen“, so Bertassoni. Die Ergebnisse stellen einen Paradigmenwechsel dar und zeigen, dass perivaskuläre Zellen stattdessen als wichtige Wächter fungieren.
Sie erkennen Veränderungen im Gewebe und koordinieren die vaskulären Reaktionen. Dies öffnet die Tür zu völlig neuen Behandlungsstrategien. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Forschung sind vielfältig. Die Wissenschaftler haben zum ersten Mal gezeigt, wie perivaskuläre Zellen Entzündungen auslösen und Veränderungen der Blutgefäße signalisieren, wenn das umliegende Gewebe verändert wird.
Entdeckung könnte zu neuen Präventions- und Behandlungsstrategien für Krebs, Diabetes, Fibrose und andere Krankheiten führen
Für die Studie wurde ein innovatives ‘Blutgefäß-on-a-Chip“-Modell verwendet, das von Dr. Christopher Chen und seinem Team von der Boston University und dem Wyss Institute at Harvard, die an diesem Projekt mitarbeiten, entwickelt wurde. Durch die Nachahmung von Bedingungen wie Gewebeversteifung und Narbenbildung – häufig bei Alterung, chronischen Krankheiten und Krebs – entdeckten die Forscher, dass perivaskuläre Zellen die Undichtigkeit und Verzerrung von Blutgefäßen fördern und Entzündungen und Krankheiten verschlimmern. Als die Forscher perivaskuläre Zellen entfernten, reagierten die Blutgefäße im Wesentlichen nicht auf Gewebeveränderungen.
Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Beziehung zwischen der extrazellulären Matrix, der Funktion der Blutgefäße und dem Fortschreiten der Krankheit. Perivaskuläre Zellen könnten zu Zielstrukturen für Therapien werden, die darauf abzielen, die normale Gefäßfunktion wiederherzustellen, und das Fortschreiten verschiedener Krankheiten wie Fibrose, Diabetes und Krebs zu verlangsamen. Wichtig ist, dass die Forschung auch vielversprechende Möglichkeiten für die Krebsprävention und frühzeitige Intervention bietet. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Veränderungen in diesen Zellen könnte dazu beitragen, Tumore zu stoppen, bevor sie wachsen.