Forscher der Duke University School of Medicine haben herausgefunden, dass die Nutzung des Nervensystems dazu beitragen könnte, Darmentzündungen zu reduzieren, die chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) antreibt. Eine neue Studie unter der Leitung von Luis Ulloa, PhD, und Wei Yang, PhD, zeigt, wie die elektrische Stimulation des Vagusnervs – eines Hauptnervs, der Gehirn und Darm verbindet – die stressbedingte Entzündung bekämpfen kann, welche die CED-Symptome verschlimmert.
Stimulation des Vagusnervs reduziert Darmentzündungen durch Modulation der Immunantwort
Die in Science Translational Medicine, veröffentlichte Studie zeigte, dass die Stimulation des Vagusnervs bei gestressten Mäusen mit Kolitis, einer Form von CED, Entzündungen reduzierte, Symptome verbesserte und die Überlebensrate erhöhte. Durch die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems konnte das Team beobachten, dass Entzündungen durch die Hemmung der SUMOylierung, einem zellulären Prozess, der die Immunantwort beeinflusst, gelindert werden können. Die Modulation der SUMOylierung – entweder durch Stimulation des Vagusnervs oder durch Behandlung mit einem SUMOylierungshemmer – könnte den Weg für CED-Therapien ebnen, die sich auf die direkte Behandlung von Entzündungen konzentrieren, anstatt nur die Symptome zu lindern.
Im Jahr 2022 begannen Forscher der Duke University mit Unterstützung der National Institutes of Health zu untersuchen, ob die Stimulation des Vagusnervs die SUMOylierung beeinflussen und eine natürliche entzündungshemmende Reaktion auslösen könnte, die die Immunreaktionen beruhigt und Entzündungen reduziert. Die neue Studie ist die erste, die zeigt, dass die gezielte Beeinflussung bestimmter Formen der SUMOylierung den schädlichen Zustrom von Immunzellen verhindern könnte, der Darmentzündungen auslösen kann.
Der Erstautor der Studie und ehemalige Forschungsstipendiat der Duke University, Dr. Ayman Youssef, ein klinischer Mitarbeiter für Autonomie am Vanderbilt Medical Center, analysierte Daten, die zeigten, dass die Hemmung der SUMOylierung durch genetische oder medikamentöse Ansätze das Fortschreiten der Krankheit in Mausmodellen drastisch verlangsamte.„Ein überraschendes Ergebnis dieser Studie ist, dass die Hemmung der SUMOylierung offenbar die positiven Auswirkungen der Vagusstimulation nachahmt, was zu einer Verbesserung der klinischen Symptome der Kolitis führt“, so Yang, Professor für Anästhesiologie und außerordentlicher Professor für Neurologie an der Duke School of Medicine.
„Bioelektronische Medizin“ ist Teil eines aufstrebenden Forschungsgebiets
Die Fälle von CED nehmen rasant zu – in den letzten 15 Jahren um 50%. Wissenschaftler arbeiten verstärkt daran, entzündungsauslösende Zellen im Darm zu reduzieren und die Behandlungsmöglichkeiten für die fast 7 Millionen Betroffenen weltweit zu verbessern. CED umfasst zwei Haupttypen: Colitis ulcerosa, die den Dickdarm befällt, und Morbus Crohn, eine Krankheit, die jeden Teil des Verdauungstrakts entzünden kann. Beide Erkrankungen beeinträchtigen das Leben und können zu schwerwiegenden Komplikationen wie Darmperforationen, Krebs und sogar vorzeitiger Sterblichkeit führen. Aktuelle entzündungshemmende Behandlungen bringen zwar Linderung, greifen aber oft zu kurz, da Patienten mit der Zeit nicht mehr auf diese Medikamente ansprechen, Rückfälle erleiden und erhebliche Nebenwirkungen erleben.
Forscher haben schon lange festgestellt, dass Stress eine bedeutende Rolle bei der Verschlimmerung von CED-Symptomen spielt, und einige haben sogar Colitis ulcerosa als psychosomatisch beschrieben. Durch die Stimulation des Vagusnervs wurden die Auswirkungen von Stress laut den Forschern neutralisiert, und ein ausgeglichener und gesunder physiologischer Zustand wiederhergestellt. Viele Entspannungstechniken, wie tiefes Atmen und Meditation, sind darauf ausgelegt, das parasympathische System zu stärken, wobei der Vagusnerv eine zentrale Rolle bei der Entspannung der meisten unserer Organe spielt.
Obwohl frühere Studien auf die Rolle des Vagusnervs hingewiesen haben, zeigt diese Studie, dass seine Wirkung durch die Regulierung der SUMOylierung vermittelt wird. Die Forscher warnen jedoch davor, dass nicht alle Patienten gleich reagieren könnten, und dass die Übertragung der Ergebnisse von Laborstudien auf klinische Situationen zu unterschiedlichen Ergebnissen oder gar keinem Nutzen führen könnte. Der Ansatz, der als „bioelektronische Medizin“ bezeichnet wird, ist Teil eines aufstrebenden Forschungsgebiets, in dem die Nervenstimulation zur Behandlung verschiedener entzündlicher Erkrankungen von rheumatoider Arthritis bis hin zu Morbus Crohn erforscht wird.